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FENSTERSTŪCKE

Anna Lühring und die Horner Landstraße

Anna Lühring wurde am 3. August 1796 in Bremen als fünftes Kind eines Zimmermeisters geboren. Am 14. Februar 1814 verließ die siebzehnjährige Anna in Kleidern ihres Bruders das Elternhaus, um sich unter dem Namen Eduard Kruse dem Lützower Korps anzuschließen und in den Befreiungskriegen gegen die Vorherrschaft Frankreichs unter Napoleon Bonaparte zu kämpfen.

Die Motive, die sie zu diesem drastischen Schritt bewogen haben sind heute nicht bekannt. Sie zog mit ihrer Kompanie bis nach Jülich im heutigen Nordrhein-Westfalen und beteiligte sich dort erfolgreich an der Belagerung der Stadt und nahm an kleineren Gefechten teil. Niemand durchschaute ihre Maskerade bis ein Brief ihres Vaters den Kompaniechef erreichte, der ihre wahre Identität enthüllte. Aufgrund ihres Mutes und ihres vorbildlichen Betragens wurde sie jedoch nicht aus dem Korps ausgeschlossen. Vor ihren Kameraden wurde ihr Geschlecht weiterhin verheimlicht. Bereist zwei Monate nach ihrem Eintritt in die Kompanie wurde der Krieg am 8. April 1814 für beendet erklärt, das Korps löste sich auf und kehrte nach Berlin zurück. Hier enthüllte Anna Lühring nun öffentlich ihre Identität und gelangte in der Folge zu einiger Berühmtheit. Sie wurde von höchsten Würdenträgern ausgezeichnet und kehrte 1815 in einem Triumphzug nach Bremen zurück.

Dieser schnelle Ruhm sollte nicht lange anhalten. 1820 zog sie nach Hamburg und arbeitete dort in einem Geschäft für Damenkonfektion. Drei Jahre später heiratete sie den Kellner Peter Luchs. Aus dieser Ehe ging ein Sohn hervor, der jedoch bereits im Kindesalter starb. Ein weiterer Schicksalsschlag folgte als 1832 auch ihr Mann starb und sie im Alter von nur 36 Jahren Witwe wurde. Nach dem Tod ihres Mannes lebte Anna Lühring allein und zurückgezogen in Horn. Ab 1864 in einer Dachgeschosswohnung in der Horner Landstraße. Sie verdiente einen spärlichen Lebensunterhalt mit gelegentlichen Näharbeiten und erhielt erst 1860 eine kleine Pension von der Stadt Bremen für ihre militärischen Verdienste. 1866 starb sie im Alter von 70 Jahren einsam und verarmt.

dragger
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Die Wohnung Anna Lührings befand sich damals in der Horner Landstraße 176, was nach einer Verbreiterung der Fahrbahn heute ungefähr der Hausnummer 192 und dem Bereich rechts von der KFZ-Werkstatt entspricht. Sie hinterließ keine bekannten Erben, sodass ihr Nachlass von der städtischen Erbschaftsbehörde verwaltet wurde. Genannter Nachlass bestand jedoch nur aus wenigen Gegenständen des täglichen Bedarfs, sodass die offenen Forderungen ihres Vermieter, und die Beerdigungskosten dadurch nicht gedeckt werden konnten. Heute befindet sich ihr Grab auf dem alten Hammer Friedhof. 

Bildquellen:

Anna Lühring Porträt: Staatsarchiv Bremen
Straßenansicht: Geschichtswerkstatt Horn
Nachlassdokumente: Focke Museum